DIE LINKE. Lünen-Selm: Rede zum Gedenktag für Opfer des Terroranschlags in Hanau

Vorstand des OV Lünen-Selm

Der Genosse Basel aus Lünen hat bei der Gedenkveranstaltung in Dortmund für die Opfer des Terreroranschlags aus Hanau eine Rede gehalten. Diese kann hier nachgelesen werden.

"Liebe Anwesende! Ich fühle mich geehrt, hier heute vor euch reden zu dürfen anlässlich diesen überaus wichtigen Tages.

Zwei Jahre sind schon vergangen seit den schrecklichen Ereignissen, die nicht reversibel sind. Zwei Jahre, in denen sich was getan haben könnte, aber es sich eigentlich so gut wie nichts getan hat. Zwei Jahre, in denen für Gökhan, Sedat, Ferhat, Mercedes, Hamza, Kaloyan, Vili Viorel, Fatih und Said Nesar nach dem Terrorakt durch Tobias Rathjen immer noch keine wirkliche Gerechtigkeit zugekommen ist.

Hanau war die schlimmste rassistische Bluttat seit dem Münchner Oktoberfest-Anschlag in 1980 mit 13 Toten und mehreren Hunderten Verletzen.

Nach dem Lesen des 40-Seiten langen Manifestes von Rathjen ist sofort klar, dass er einfach nur krank und rassistisch war. Da erzähle ich aber ja nichts neues, sondern nur lange bekanntes. Interessant ist aber eine Stelle, die in diesem widerwärtigen Schriftstück geschrieben ist. An besagter Stelle steht nämlich, dass er kein Einzelfall ist. Das ist eine Aussage, die sehr gut auf die Gegenwart mitsamt den ganzen „Einzeltäter-Theorien“-Flutmassen gut übertragbar ist. Für ihm war die AfD zudem nicht radikal genug. Aber die wahren Ursachen für Taten wie Hanau sind dem System geschuldet, welches sich nicht um Rechts schert.

Der Attentäter wurde in seinem Denken und Handeln aber durch gewisse Dinge beeinflusst und dadurch manifestiert. Das waren vor allem rechte Parteien wie eben die AfD mitsamt den Führungspersonen wie Höcke oder Weidel, aber auch welche wie Sarrazin oder Maaßen. Neben Parteien ist der Springer-Verlag mit seiner BILD, aber auch andere Blätter dafür mitverantwortlich, wie die Geschehnisse entstanden sind. Jedoch hat aber, auf die AfD bezogen, der tägliche Rassismus der restlichen bürgerlichen Parteien überhaupt erst den Aufstieg eben jener Partei ermöglicht. 

Das ist aber nichts, was überraschend sein sollte. Denn nach der Zeit des Nationalsozialismuses wurde nicht mit größtem Aufwand dessen Reste aufbereitet. Wie sonst sollte es erklärbar sein, dass sowohl die Polizei, der Verfassungsschutz, aber auch die Bundeswehr und andere Institutionen von sich aus rassistisch und unterdrückend sind, wenn nicht aus dem Grund der Unterwanderung von Rechts? Das eigentlich wahre Gesicht der Medien hat sich erst vor Kurzem auf perfide Art und Weise mal wieder gezeigt. Die 17-jährige Dilan S. fuhr in Berlin mit der Straßenbahn, als sie von einer größeren Gruppe krankenhausreif geschlagen wurde. Als ob dies schon nicht genug gewesen war, musste sie noch während ihres Krankenhausaufenthaltes sich psychisch mit der Schlagzeilen-Reiberei der Presse befassen. So hieß es, dass sie aufgrund des Nicht-Tragen einer Maske ein Opfer wurde, wobei dies eigentlich bei den Tätern und nicht bei ihr der Fall war. Rassismus ist in diesem Kontext anscheinend gar kein Motiv gewesen, was doch puren Selbstrassismus seitens der Presse offenbart, mitsamt der Polizei, welche dies als Erstes mitgeteilt hatte.

Wie kommt es aber überhaupt zu einer gesellschaftlichen Situation dieser Art? Es war Malcolm X, der sagte, dass „es keinen Rassismus ohne Kapitalismus gibt.“. Durch den Kapitalismus erst entsteht Rassismus. Dies dient dazu, dass die Herrschenden die Unterdrückten unerschöpflich unterdrücken können. Hierdurch wird auch beispielsweise Afrika weiterhin den wirtschaftlichen Entwicklungsstand haben, den es gerade haben tut. Denn solange es sich nicht gegen die obere Klasse wehren kann, ist es ebendieser schutzlos ausgesetzt.

Der Kampf gegen ebendiesen Rassismus, Faschismus und Rechtsextremismus ist dem Kampf der sozialen Probleme für Arbeitskampf, Wohnpolitik oder Sozialpolitik ähnlich. Diese Kämpfe sind aber nicht bestreitbar mit anderen Parteien, die die Agenda 2010 unterstütz haben und es noch weiterhin tun. Sie sind nur mit einer aufgeklärten Gesellschaft erreichbar.

Deshalb ist es überaus wichtig, dass es die Wiederaufnahme eines unabhängigen Ermittlungsausschusses, bestehend aus Migrant:innenverbänden & lokaler Bevölkerung für eine konsequente Aufdeckung der Geschehnisse gibt. Denn viele Fragen bleiben nach wie vor unbeantwortet: das Fehlverhalten der Sicherheitskräfte, die Schludrigkeit bei der Justiz und Polizei in den Ermittlungen, die Nichterreichbarkeit des polizeilichen Notrufs, die verspätete Stürmung des Täterhauses, die Fragen nach der Rolle von rassistischen SEK-Polizisten in Hanau und die verschlossene Notausgangstür in der Tatnacht auf staatliche Anordnung, aufgrund rassistisch begründeter "Fluchtgefahr" bei Razzien in Shisha-Bars.

Hierfür ist es äußert bedeutungsvoll, einen politischen Richtungswechsel mit der Mitnahme möglichst vieler Abgehängten durchzuführen.

Das Mitgefühl richtet sich den Familien und Angehörigen, den Freunden und Bekannten der 9 Opfer des Anschlages und allen anderen Opfer von Schandtaten dieser Art.

Vielen Dank fürs Zuhören!" (Basel G., 19. Februar 2022)